Kaum ein Ereignis hat die Welt so geprägt und kaum ein anderer Name löst bei vielen Menschen noch heute entsetzen aus, Tschernobyl.
Früher Vorzeigeprojekt und stolz der Sowjetunion, heute Sinnbild der Nuklearkatastrophe.
In der Nacht vom 25. auf den 26. April 1986 sollte im Kontrollraum des Reaktor Nr.4 ein Sicherheitstest stattfinden.
Aufgrund einiger Menschlicher Fehler und ein Fehler in der Bauweise des Reaktors kam es um 01:23Uhr zur Explosion und gewaltige Mengen radioaktiven Materials wurden freigesetzt.
Die radioaktive Wolke verteilte Partikel über ganz Europa und versetzte die Welt in Angst und Schrecken.
In Folge der Explosion kam es zur Kernschmelze, es wurde eine 30km große Sperrzone um das Kraftwerk gebildet und die Bewohner wurden evakuiert.
Mehr über die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl findet ihr unter dem Punkt Reaktor Nr.4.
Die meisten Touren starten ab der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Nach etwa 1,5 Stunden Fahrzeit wird der erste Checkpoint erreicht.
Hier werden die Tickets und Reisepässe kontrolliert, ein persönliches Dosimeter (zur Messung der Strahlenbelastung während der Tour) ausgegeben und dann darf die Sperrzone betreten werden.
Alles über die Anreise nach Kiew, Einreisebestimmungen der Ukraine und Sehenswürdigkeiten in der Hauptstadt erfahrt ihr auf der Seite Ukraine-Kiew.
Am Checkpoint erhalten nur geführte Touren Zugang zum Sperrgebiet. Wer illegal ins Sperrgebiet eindringt, wird von den Wachposten wieder aus der Zone geführt.
Je nachdem, welche Tour gebucht wird, schlafen die Touristen in den Hotels von Tschernobyl. Diese sind weit vom Reaktor entfernt und die Strahlung ist nur geringfügig höher als in Kiew.
Ausflüge in die "Chernobyl Exclusion-Zone" bieten den Besuchern Einblicke in die Städte Prypjat und Tschernobyl, viele kleine verlassene Dörfer, das Duga-Radar mit seiner eigenen Stadt Tschernobyl-2 und natürlich einen Blick auf den neuen Sarkophag des Reaktors.
Inhaltsverzeichnis
-> Ortsschild
-> Denkmal "Those who saved the World"
-> Lenin-Statue
-> Ortsschild
-> Krankenhaus
-> Schule Nr.1
-> Schule Nr.3
-> Supermarkt
-> Musikschule
Sind Touren in das Sperrgebiet gefährlich?
Eine Frage, die sich jeder vor einer Reise ins Sperrgebiet stellen wird, wie gefährlich sind Touren nach Tschernobyl?
Über 30 Jahre nach der Katastrophe sind große Teile der Zone dekontaminiert, dies betrifft vor allem die öffentlichen Straßen und die Stadt Tschernobyl.
Überall ist der Mensch von einer Hintergrundstrahlung umgeben, je höher man sich befindet, umso höher ist auch die Strahlung.
Die Strahlungswerte zum Unfallzeitpunkt betrugen 0,1 bis 300 Sievert pro Stunde, dies ist fast eine Milliarde Mal mehr als die natürliche Strahlung auf der Erde.
Durch die Explosion in der Nacht des 26. April 1986 wurden vor allem radioaktive Isotope wie Caesium 137, Jod 131 und Strontium 90 freigesetzt, welche zu schweren Gesundheitsschäden führten.
Viele Isotope wie etwa Jod 131 haben nur eine kurze Halbwertszeit und sind daher nicht mehr gefährlich.
Durch den Bau des Sarkophags wurde die Freisetzung weiterer Partikel verhindert und die Strahlung ging deutlich zurück.
Nach seiner berechneten Lebensdauer von etwa 30 Jahren wurde es Zeit für eine neue Schutzhülle und so wurde 2016 der neue Sarkophag über den Reaktor geschoben.
Dieser hat nun eine Lebensdauer von 100 Jahren und verringerte die Strahlung weiter, sodass sich Besucher bis auf wenige Meter dem Reaktor Nr.4 nähern können.
In der Stadt Tschernobyl liegt der Strahlenwert heute nur knapp über dem Wert der Hauptstadt Kiew. Es gibt wieder Supermärkte, Hotels und Wohnhäuser.
Auch die Teilnehmer einer mehrtägigen Tour übernachten in einem Hotel in Tschernobyl.
Arbeiter des Kernkraftwerks leben schichtweise wieder in dieser Stadt, ebenso gibt es einige Menschen, die wieder ins Sperrgebiet zurückkehrten. Es sind vor allem ältere Menschen, die in anderen Regionen nicht akzeptiert wurden und jetzt wieder in ihren alten Häusern geduldet werden.
Generell kann gesagt werden, wer sich an die Regeln hält, bekommt auf einem Flug über den Atlantik mehr Strahlung ab als bei einer Tour nach Tschernobyl.
Natürlich gibt es auch heute noch Orte mit vielfach erhöhter Strahlung, wie etwa der Rote Wald.
Hier ist die Strahlung noch derartig erhöht, dass wenige Minuten Aufenthalt den menschlichen Körper schädigen können.
Diese Orte werden Hotspots genannt. Die Guides halten euch von den Hotspots fern, sodass eine Tour ins Sperrgebiet keine gesundheitlichen Schäden bringt.
Tschernobyl
Obwohl die Stadt Tschernobyl 14,5km vom Kraftwerk entfernt liegt, wurde es nach ihr benannt.
Erste Erwähnungen über Tschernobyl gibt es bereits aus dem Jahr 1193.
1941 zu Zeiten der Sowjetunion wurde sie zur Stadt erklärt und zum Zeitpunkt der Evakuierung betrug die Einwohnerzahl über 14000.
Seit dem Jahr 1971 entstand in der Nähe das Kernkraftwerk, wessen erster Block 1977 ans Netz ging.
Da die Planungen zum ersten Kernkraftwerk der Ukraine viel früher begannen und die Stadt Prypjat zu dieser Zeit noch nicht existierte, wurde das Kraftwerk nach Tschernobyl benannt.
Aufgrund der weiten Entfernung zum Kernkraftwerk und da Tschernobyl nicht in der 10km Sperrzone liegt, kommt wieder Leben in die Stadt.
Es gibt Wohnräume für die Arbeiter, Ingenieure und Sicherheitsleute, Hotels, Supermärkte und eine Kirche.
Die Strahlung ist nur geringfügig höher als in der Hauptstadt Kiew, trotzdem dürfen die Bewohner nur schichtweise hier leben.
Nach der Unabhängigkeit der Ukraine im Jahr 1991, entschied die Regierung, Tschernobyl größtenteils unverändert zu lassen.
So dient die Stadt heute auch als Mahnmal und Museum zugleich, es gibt Überbleibsel aus Zeiten der Sowjetunion, die sonst nirgends zu finden sind.
Ortsschild
Das Ortsschild von Tschernobyl ist ein weißes, aus Steinen gemauertes, Kunstwerk.
Auf dem Bild ist der Hafen der Stadt, direkt am Prypjat gelegen, mit einem Schiff und Verladekränen abgebildet.
Daneben befindet sich das Symbol der Sowjetunion, Hammer und Sichel.
Es dürfte Wohl das letzte Ortsschild der Ukraine sein, an dem dieses Symbol noch zu finden ist. Da dieses Schild als Denkmal erhalten bleiben soll, wird sich dies auch nicht so schnell ändern.
In blauer kyrillischer Schrift befindet sich senkrecht das Wort Tschernobyl, darüber das Zeichen für friedliche Atomenergie.
Da Prypjat zur Planung des Kraftwerks noch nicht existierte und das Atomkraftwerk nach der Stadt Tschernobyl benannt wurde, befindet sich das Symbol hier und nicht am Ortsschild der näher gelegenen Stadt Prypjat.
St. Elijah Kirche
Bereits vor der Nuklearkatastrophe war dies eine orthodoxe Kirche von Tschernobyl. Heute ist sie die einzige Kirche innerhalb der Sperrzone und außerdem ein Ort, der nuklear kaum belastet wurde.
Die Hintergrundstrahlung ist wie durch ein Wunder geringer als in der restlichen Stadt.
Von Außen unterscheidet sich die Kirche kaum von anderen orthodoxen Gotteshäusern, sie ist aufwendig in Blautönen verziert und besitzt eine goldene Kuppel.
Viele Gegenstände des Innenraums wurden während der Evakuierung gestohlen, die Sperrzone wurde kaum bewacht und es gab viele Plünderer.
Während in den meisten Kirchen Bilder von Heiligen hängen, ist der Innenraum dieser Kirche mit Bildern der Liquidatoren geschmückt.
Benannt wurde die Kirche nach dem Propheten St. Elijah, der im 9. Jahrhundert v.Chr. in Israel lebte.
Die meisten Touristen werden die Kirche nur von Außen sehen können, Einheimische besuchen sie sonntags zur Messe.
Fahrzeugmuseum
Im Open Air Museum of Machinery werden Fahrzeuge und Roboter ausgestellt, welche zu Reinigungsarbeiten und Kontrollen nach der Katastrophe benutzt wurden.
Auf einer abgezäunten Grünfläche stehen beispielsweise einige Roboter, an deren Vorderseite Schaufeln befestigt sind. So konnte Schutt und Trümmer aus der Entfernung beseitigt werden.
Lediglich stark verstrahlte Trümmer auf dem Dach des Gebäudes waren zu viel für diese Technik. Sie mussten unter dem Einsatz unzähliger Menschen vom Dach entfernt werden. Die Strahlung auf dem Dach war derartig hoch, dass die Liquidatoren nur 40 Sekunden dort verbringen durften und dann wieder zurück ins Gebäude mussten.
Außerdem stehen zwei gepanzerte Fahrzeuge des Militärs in der Ausstellung.
Diese Fahrzeuge wurden zum Messen der Strahlenbelastung im Gelände benutzt.
Am Museum steht eine Informationstafel zu den einzelnen Fahrzeugen. Leider fehlt jedoch eine Übersetzung ins Englische.
Galerie Fahrzeugmuseum
Denkmal "Those who saved the World"
Vor der Feuerwache in Tschernobyl befindet sich ein Denkmal für die Liquidatoren der Nuklearkatastrophe.
Nach der Explosion im Kernkraftwerk entstanden große Brände um das zerstörte Gebäude herum. Die Feuerwehrleute fuhren zum Brand, ohne über die Gefahren informiert zu werden, niemand wusste etwas vom explodierten Reaktor und den hohen Strahlenwerten.
Während der Löscharbeiten bekamen sie eine so hohe Dosis an Strahlung ab, dass die meisten von ihnen innerhalb kürzester Zeit an der Strahlenkrankheit starben.
Doch dieses Denkmal an jene, welche die Welt retteten, gilt allen Liquidatoren der Katastrophe.
Es sind sowohl Feuerwehrleute, Ärzte, Dosimetristen des Militärs und Arbeiter des Kraftwerks auf dem Denkmal verewigt.
Besonders 3 Arbeiter des Kraftwerks sollen hier gemeint sein. Sie tauchten durch verstrahltes Wasser, um Schieber zum Abpumpen des Wassers von Hand zu öffnen. Ohne diese Männer wäre es zu einer noch größeren Explosion gekommen.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO gab es etwa 600000 bis 800000 Liquidatoren.
Seitdem in Tschernobyl wieder etwas Leben einzieht, ist auch die Feuerwache hier wieder besetzt und sorgt für Sicherheit in der Stadt.
Alley of Memory and Hope
Ein weiteres Denkmal in Tschernobyl ist die Alley of Memory and Hope, ein schmaler Gang, an den zu beiden Seiten Ortsschilder stehen.
Von einer Seite sind die weißen Eingangsschilder, auf der anderen die Ausgangsschilder in Schwarz mit rotem Strich zu sehen.
All diese Orte befanden sich zum Unfallzeitpunkt in der Sperrzone und mussten von den Einwohnern verlassen werden.
Die Verantwortlichen erzählten den Einwohnern von einer kurzen Evakuierung und das sie bald wieder zurück in ihre Häuser dürfen, daraus wurde jedoch nie etwas.
Heute existieren viele der Ortschaften nicht mehr. Im Zuge der Liquidation wurden die meisten Dörfer dem Erdboden gleich gemacht.
Anhand dieser "Alley of Memory and Hope" lässt sich nur erahnen, wie viele Dörfer evakuiert wurden und wie viele Menschen ihre Heimat verloren.
Lenin-Statue
Im Volksmund wird das Kernkraftwerk Tschernobyl genannt, sein offizieller Name ist jedoch das Wladimir I. Lenin Kraftwerk.
In der Nähe der Alley of Memory and Hope steht noch eine Statue von Wladimir Iljitsch Lenin.
Lenin gilt als Begründer der Sowjetunion, in der er von 1922 bis 1924 als Regierungschef tätig war.
Am 21. Januar 1924 starb er nach schwerer Krankheit, wurde jedoch weiterhin in der Sowjetunion verehrt und bekam zahlreiche Denkmäler.
Nach dem Ende der Sowjetunion und der Unabhängigkeit der Ukraine wurden fast alle Lenin-Statuen zerstört.
Da Tschernobyl als Mahnmal erhalten bleiben soll, wie es im Jahr 1986 war, steht die Statue noch hier.
Wer nach Tschernobyl reist, sieht hier wohl die letzte Statue von Lenin auf ukrainischem Boden.
Duga Radar & Chernobyl 2
Das gigantische Duga 1-Radar ist eine Hinterlassenschaft des Kalten Krieges. Etwa 10km vom Kraftwerk entfernt errichtete die Sowjetunion diesen Empfängen eines Radarsystems.
Dieses Ungetüms aus Stahl verfügt über eine Höhe von 150 Metern, jeder Mast besteht aus 44 Armen und Drähte sollen die Wellen des Senders einfangen.
Mit einer Reichweite von 9000km konnten so Atomraketen frühzeitig erkannt und ein Gegenschlag vorbereitet werden.
Der gesamte Komplex unterstand hoher militärischer Geheimhaltung und niemand im Westen wusste etwas von diesen Radaranlagen.
Insgesamt wurden an 3 Standorten Duga-Radarsysteme errichtet, der Sender befand sich etwa 50km vom Empfänger entfernt.
Doch warum wurde diese riesige Anlage in der Nähe des Atomkraftwerks errichtet?
Zum einen wurden für den Betrieb gigantische Mengen an Strom benötigt, sodass keine langen Stromleitungen nötig waren.
Des Weiteren war die gesamte Gegend durch das Atomkraftwerk gut bewacht und der dichte Wald versteckte den Komplex.
Für den Betrieb des Duga 1-Radars waren über 2000 Mitarbeiter nötig, deshalb entschied man sich zum Bau einer Stadt in direkter Nachbarschaft.
Diese war natürlich auf keiner Karte zu finden und wurde einfach Tschernobyl 2 genannt.
In der Stadt lebten die Angehörigen des Militärs mit ihren kompletten Familien. Daher benötigte die Stadt neben Wohnhäusern auch Schulen, Kindergärten, Ärzte und alles, was zum täglichen Leben gehörte.
Tschernobyl 2 ist mittlerweile vergleichbar mit Prypjat, die Gebäude verfallen immer weiter und überall sind noch Hinterlassenschaften der einstigen Bewohner zu finden.
Nach der Nuklearkatastrophe im Jahr 1986 musste der Komplex aufgegeben werden und die Einwohner wurden evakuiert.
Duga-1 steht vermutlich auch nur noch wegen Tschernobyl. Andere Radarstationen wurden nach dem Ende der Sowjetunion demontiert, im Sperrgebiet war dies so kurz nach der Katastrophe nicht möglich.
Galerie Duga-Radar
Reaktor Nr. 4
Im Jahr 1971 wurde mit dem Bau des Kraftwerks Wladimir I. Lenin, im Volksmund auch Kernkraftwerk Tschernobyl genannt, begonnen.
Fast zeitgleich entstand nur wenige Kilometer entfernt die Stadt Prypjat, in der die Arbeiter und Ingenieure des Kraftwerks mit ihren Familien leben sollten.
Der erste Block des Kraftwerks ging im Jahr 1977 ans Netz, der zweite folgte nur ein Jahr später.
Reaktor 1 und 2 waren vom Typ RBMK-1000 der ersten Generation, die nächsten beiden bereits von der zweiten Generation.
Einige Jahre später wurde der Doppelblock mit den Reaktoren 3 (1981) und 4 (1983) fertiggestellt.
Im Jahr 1983 wurde bereits mit dem Bau der Blöcke 5 und 6 begonnen, diese wurden jedoch nie vollendet.
Im Endausbau sollten 12 Reaktoren in Tschernobyl entstehen. Damit war die Anlage ein Musterprojekt der Sowjetunion und sollte das größte Atomkraftwerk der Welt werden.
Für den 1983 fertiggestellten Reaktor 4 stand jedoch noch ein Sicherheitstest aus, der am 25. April 1986 stattfinden sollte.
Tagsüber wurde zur Vorbereitung bereits die Leistung des Reaktors schrittweise gedrosselt, durfte wegen des hohen Strombedarfs jedoch nicht weiter gesenkt werden.
So wurde der Sicherheitstest von der Tagschicht auf die unvorbereitete Nachtschicht des 25. April verschoben.
Beim Sicherheitstest sollte ein kompletter Stromausfall simuliert werden, um zu sehen, ob die Sicherheitseinrichtungen greifen und der Kern weiter mit Wasser gekühlt wird.
Wegen einiger menschlicher Fehlbedienungen sank die Leistung des Reaktors unter den Minimalwert und der Reaktor wurde instabil. Doch anstatt den Reaktor abzuschalten, wurden alle Steuerstäbe entfernt, um die Leistung wieder zu steigern.
Nachdem einige Zeit nichts passierte, stieg die Leistung sprunghaft wieder an und die Notabschaltung wurde betätigt.
Wird die Notabschaltung betätigt, sollen alle Steuerstäbe komplett einfahren und so die Kernspaltung verhindern.
Leider hatten alle Reaktoren vom Typ RBMK-1000 einen fatalen Konstruktionsfehler. Die Spitzen der Steuerstäbe bestanden aus Graphit, was beim Eintauchen der Steuerstäbe die Reaktivität für eine kurze Zeit erhöhte, anstatt sie zu senken und so zu einem Leistungsanstieg führte.
Durch die höhere Leistung entstand Wärme und die Stäbe blieben stecken.
Anstatt durch die Notabschaltung die Leistung des Reaktors zu senken, stieg sie unaufhaltsam auf ein vielfaches der Nennleistung.
Um 01:23Uhr des 26. April 1986 explodierte Reaktor 4 und gigantische Mengen Radioaktivität wurden freigesetzt.
Sowohl das Dach, als auch die Umgebung des Gebäudes standen in Flammen. Feuerwehrleute aus Prypjat versuchten den Brand zu löschen, ohne eine Ahnung davon zu haben, welcher Strahlenbelastung sie ausgesetzt waren.
Am Abend des 26. April traf eine Untersuchungskommission, geleitet von Valery Legasov am Unfallort ein.
Erst jetzt gestanden die Verantwortlichen, dass Reaktor 4 explodiert ist. Es wurde damit begonnen, den offenen Reaktorkern mit Blei, Bor, Dolomit, Sand und Lehm zu verschließen und so das Feuer im Kern zu löschen.
Dies gelang den Beteiligten nach einigen Tagen, die Kernschmelze war jedoch nicht mehr zu verhindern.
Durch die Fehlinformationen der Kraftwerksleitung waren alle Personen der nahen Stadt Prypjat noch in ihren Häusern und erst am Nachmittag des 27. April wurde mit der Evakuierung begonnen.
Den Einwohnern wurde erzählt, sie dürfen nach wenigen Tagen zurück in ihre Wohnungen, dazu kam es jedoch nie.
Auch nachdem die Feuer im Inneren des Reaktors gelöscht wurden, verteilte er noch Unmengen an radioaktiver Strahlung.
Am 27. Mai, etwa einen Monat nach der Explosion, wurde mit dem Bau eines Sarkophags begonnen.
Eine Schicht aus Beton und Stahl sollte den Reaktor von der Atmosphäre abschatten und so die Strahlung reduzieren.
Nach seiner Fertigstellung am 14. Dezember 1986, wurde die Lebensdauer des Sarkophags auf etwa 30 Jahre geschätzt.
Insgesamt wurden stolze 300000 Tonnen Beton und 6000 Tonnen Stahl für die Schutzhülle verbaut.
Was sich heute komplett verrückt anhört, die restlichen 3 Reaktoren nahmen nach der Katastrophe wieder den Betrieb auf.
Erst am 15.12.2000 wurde der letzte Reaktor (Nr.3) vom Netz genommen und Tschernobyl endgültig stillgelegt.
Nachdem sich die Lebensdauer des Sarkophags dem Ende neigte und Reparaturen nicht mehr möglich waren, musste nach einer Alternative gesucht werden.
Im Jahr 2007 wurde der Bau einer neuen Schutzhülle (New Safe Confinement) beschlossen. 2016 wurde der neue Sarkophag schließlich auf Schienen über den alten geschoben und soll nun eine Lebensdauer von 100 Jahren haben.
Innerhalb des neuen Sarkophags sollen Teile des alten abgetragen und verwertet werden.
Die offizielle Inbetriebnahme erfolgte am 10. Juli 2019 im Beisein des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
Kühltürme Reaktor 5&6
Während bereits 4 Blöcke in Betrieb waren, wurden ab 1981 die Reaktoren 5 und 6 gebaut.
Block 5 sollte im Unglücksjahr 1986 in den Probebetrieb gehen, Block 6 sollte zwei Jahre später folgen.
Dementsprechend war der Bau von Kühlturm Nr. 5 fast abgeschlossen, mit Nr. 6 wurde bereits begonnen.
Trotz der verstrahlten Gegend wurden die Bauarbeiten nach dem Unglück fortgesetzt. Erst am 1. Januar 1988 wurden die Bauarbeiten wegen der hohen Strahlenbelastung eingestellt.
In der Sowjetunion bestand der Plan, nach dem Absinken des Strahlenwertes den Bau fortzusetzen und die Reaktoren in Betrieb zu nehmen.
Dies geschah nach der Unabhängigkeit der Ukraine im Jahr 1991 jedoch nicht mehr.
Schon vom weiten lässt sich der gigantische Kühlturm erblicken, über eine Gleisstrecke erlangt man Zugang zum Gelände.
Doch erst wenn man den Innenraum des Turms betritt, lassen sich die Dimensionen erahnen.
Am oberen Rand hängen noch von beiden Seiten die Gerüste der Bauarbeiten, einige sind im Laufe der Zeit schon auf den Boden gestürzt.
Mit einer kleinen schmalen Leiter konnten die Arbeiter den Turm erklimmen, definitiv kein Job für schwache Nerven.
Im Innenraum erwarten die Besucher unvollendete Arbeiten, Trümmerteile und jede Menge Schrott.
Es wurden bereits einige große Rohrleitungen verlegt, die solche Dimensionen haben, dass ein Mensch dort aufrecht stehen könnte.
Ein Ende der Leitungen ziert ein mittlerweile weit verbreitetes Graffiti.
Beeindruckend ist auch die Akustik im Inneren des Turms, wer etwas nach oben schreit, erhält ein lautes Echo.
Galerie Kühlturm Nr.5
Prypjat
Nur knappe 4km vom Atomkraftwerk entfernt befindet sich die eigens errichtete Stadt Prypjat.
Am 4. Februar 1970 gegründet und somit zum Zeitpunkt des Unfalls gerade 16 Jahr alt, war sie eigentlich das Paradebeispiel einer sowjetischen Stadt.
Hier wohnten vor allem die Arbeiter und Ingenieure des Kernkraftwerks mit ihren Familien. Das Durchschnittsalter dieser jungen Stadt lag zum Zeitpunkt des Unfalls bei nur 26 Jahren.
Es gab hier alles einer modernen Großstadt, ein Kino, einen Supermarkt, einen Vergnügungspark, Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten.
Für viele Besucher ist die Erkundung der Geisterstadt Prypjat das Highlight einer Tour innerhalb der Sperrzone.
Jeder verbindet wahrscheinlich mit dem Wort Prypjat das verlassene und langsam rostende gelbe Riesenrad.
Im Jahr 1986 lebten fast 50000 Menschen hier, alleine 15000 von ihnen waren Kinder.
Dies spiegelt sich auch an der Anzahl von Schulen und Kindergärten wieder.
Prypjat wuchs parallel zum Kernkraftwerk, je mehr Blöcke in Betrieb gingen, umso mehr Arbeiter und Wohnraum wurde benötigt.
Nach der Explosion am 26. April 1986 wurden die Einwohner nicht über den Unfall und die Gefahren informiert, sie lebten ihren Alltag normal weiter.
Erst einen Tag später entschieden sich die Verantwortlichen zur Evakuierung von Prypjat.
Ab 14:00Uhr des 27. April fuhren unzählige Busse die Einwohner aus dem Sperrgebiet heraus. Die Stadt hatte jedoch innerhalb des einen Tages eine große Menge Radioaktivität abbekommen, sodass viele Bewohner unter Spätfolgen leiden.
Zum Zeitpunkt der Evakuierung wurde über Lautsprecher mitgeteilt, dass die Einwohner nach 3 Tagen zurück in ihre Häuser dürfen, sie kamen jedoch nie wieder zurück.
Heute ist Prypjat eine Geisterstadt innerhalb der 10km Sperrzone.
Erst 2011 wurde die Stadt, welche komplett von der Natur zurückerobert wurde, für den Tourismus geöffnet.
Es scheint, als würden mitten im Wald plötzlich Hochhäuser auftauchen. Nichts hier erinnert an die Glanzzeiten als Musterstadt der Sowjetunion.
Prypjat Ortsschild
Genau wie alle größeren Städte der Sowjetunion bekam auch Prypjat ein pompöses Ortsschild an der Zufahrt zur Stadt.
Auf einem weißen Sockel aus Beton steht der Name Prypjat in kyrillischer Schrift.
Im Gegensatz zum Ortsschild der älteren Stadt Tschernobyl ist das Schild von Prypjat schlicht gehalten und verweist nicht auf die Atomenergie, obwohl das Kraftwerk viel näher an der Stadt liegt.
Unten am Sockel steht in silbernen Zahlen das Jahr 1970, die offizielle Gründung der Stadt.
In den 70er und 80er-Jahre war das Ortsschild ein beliebtes Fotomotiv. Die Bewohner waren stolz, ein Teil dieser Musterstadt zu sein und machten hier beispielsweise ihre Hochzeitsfotos.
Roter Wald/Red Forest
Der Red Forest ist die Gegend in der Sperrzone, die nach dem Unglück am stärksten verstrahlt wurde. Im Wald waren vor allem Kiefern beheimatet, welche durch die Rauchwolken und radioaktiven Partikel abstarben und sich Rot färbten.
Durch diese rote Farbe der abgestorbenen Kiefern bekam der Wald seinen Namen.
Auch heute noch ist die Strahlung so hoch, dass sich kein Mensch in den Red Forest wagt und auch Touren fern von diesem Hotspot bleiben.
Alleine bei einer Fahrt auf der dekontaminierten Straße am Wald vorbei, zeigen die Dosimeter mehr Strahlung an als im Stadtzentrum von Prypjat.
Überall warnen Schilder mit radioaktiven Symbolen von der Gefahr und untersagen den Zutritt.
Nachdem alle Menschen evakuiert waren, holte sich die Natur ihr Gebiet zurück und viele Tierarten kamen in die Wälder.
Heute leben Füchse, Pferde, Biber, Wölfe und verschiedene Vogelarten im Sperrgebiet von Tschernobyl.
Die Auswirkungen der hohen Strahlung auf die Tierwelt ist jedoch noch nicht eindeutig geklärt.
Vergnügungspark
Es ist ein Motiv, welches jeder Besucher auf seiner Tour ins Sperrgebiet sehen will, den Vergnügungspark mit seinen Fahrgeschäften.
Der Park liegt direkt neben dem Stadion und sollte eine spannende Freizeitbeschäftigung für die jungen Einwohner der Stadt werden. Einige Bilder, die wohl jeder kennt, sind das gelbe Riesenrad und die verlassenen Wagen des Autoscooters.
Dies war jedoch noch nicht alles, was hier geboten wurde, insgesamt 5 Attraktionen gab es im Park.
Offiziell sollte der Vergnügungspark am 1. Mai 1986 zu den jährlichen Maifeierlichkeiten eröffnet werden, dazu kam es jedoch nie.
Es wird behauptet, dass der Park einen Tag nach der Katastrophe am 27. April 1986 kurzzeitig eröffnet wurde, um die Einwohner etwas abzulenken.
Kurze Zeit später wurde Prypjat evakuiert und die Fahrgeschäfte ihrem Schicksal überlassen.
Die Fläche des Vergnügungsparks wurde nach dem Unfall dekontaminiert, eine Kabine des Riesenrads hat jedoch noch einen Hotspot. Am Boden befinden sich noch einige Partikel, sodass die Strahlung unter der Kabine vielfach erhöht ist.
Da ein Besuch des Platzes auf dem Programm jeder Tour steht, kann es hier unter Umständen etwas voller werden.